Als die kaiserlichen Privatgemächer der Wiener Hofburg zu Beginn der 1890er Jahre illuminiert wurden, entschied sich der in technischen Belangen sonst recht konservativ agierende Kaiser für die Elektrizität als Mittel der Wahl. Gaszuleitungen existierten zwar in bestimmten Teilen der Hofburg, in den allerhöchsten, privaten Kammern Kaiser Franz Josephs und Kaiserin Elisabeths, welche sich im Reichkanzleitrakt und der Amalienburg befanden, sind allerdings keine Anschlüsse zu finden. Bis zum Beginn der 1890er Jahre waren es Öllampen und Kerzen, die in den prachtvoll ausgestatteten Räumlichkeiten immer noch Verwendung fanden, während große Teile Wiens bereits im Licht der unzähligen Gaslaternen erstrahlten.
Zwar spielte die Qualität des durch unterschiedliche Techniken erzeugten Lichts bei der Auswahl neuer Beleuchtungstechniken eine Rolle – das seit Jahrhunderten verwendete Kerzenlicht harmonierte mit den weiß-goldenen Vertäfelungen vorzüglich, und verlieh den Räumlichkeiten einen goldenen Schimmer – doch dürfte spätestens ab dem Jahr 1881 eine weitere Überlegung hinzugekommen sein, die den Kaiser von Österreich sich gegen Gas als Energieträger entscheiden ließ.
Feuer stellten auch im 19. Jahrhundert eine ernstzunehmende Gefahr da und machten vor den Schlössern und Burgen der Herrschaft naturgemäß nicht halt. Wien als stetig wachsende Stadt, mit seinen teils engen Gassen und Straßen, den verwinkelten Hinterhöfen und Pawlatschen, erlebte seine Feuerbrandkatastrophen, selbst Teile der Wiener Hofburg fielen Brandkatastrophen zum Opfer.
Ein Vorfall allerdings brannte sich förmlich in das kollektive Gedächtnis der Wiener ein, ließ die Stadt für wenige Tage in Schockstarre verfallen und offenbarte das nackte Grauen einer Katastrophe, die vermeidbar gewesen wäre. Der Ringtheaterbrand am 8. Dezember 1881 reiht sich tatsächlich in eine unheimliche Serie von Bränden in europäischen Theatern jener Epoche ein, zeigt bei näherer Betrachtung allerdings vor allem die Mängel in der Um- und Neugestaltung der Spielhäuser jener Zeit. Die Katastrophe in Wien jedenfalls darf symptomatisch für eine ganze Reihe von Versäumnissen stehen, die in Kombination mit baulichen Mängeln, menschlichem Fehlverhalten und finanziellen Engpässen knapp vierhundert Besuchern das Leben kosten sollte.
Ursächlich für das Feuer dürfte eine Fehlzündung in der elektropneumatischen Zündanlage der Bühnenbeleuchtung gewesen sein, und eine dadurch hervorgerufene plötzliche Verpuffung des einströmenden Gases. Brennbare Elemente der Kulisse, Seilzüge aus Jute, der gesamte, nicht feuerfeste Prospekt und hölzerne Bretter, die die Welt bedeuten - all dies trug dazu bei, den Brand sich rasch ausbreiten zu lassen. Die noch nicht automatisch funktionierende Kurtine wurde nicht herabgelassen, eine Trennung zwischen Bühne und Auditorium blieb aus. Schnell griff das Feuer auf den Zuschauerraum über, schon nach wenigen Minuten gab es keine Möglichkeit mehr die Flammen einzudämmen. 1
Ein weiteres Problem, das in der nachfolgenden Verhandlung intensiv diskutiert werden sollte und von Überlebenden intensiv geschildert wurde, war der Ausfall jeder Beleuchtung in dem Festspielhaus während der Katastrophe. Durch das Abstellen der Gaszufuhr gingen im gesamten Gebäude die Lichter aus, worauf die Gänge, Stiegenhäuser, Logen und Säle in völliger Dunkelheit versanken. Die mit Öl betriebene Notbeleuchtung konnte nicht in Betrieb genommen werden, da man aus Kostengründen auf eine Wartung verzichtet hatte. Letztlich stellte sich heraus, dass auch die gesetzlich vorgeschrieben Brandwächter sich nicht aus geschultem Feuerwehrpersonal rekrutiert hatten, sondern man vielmehr Hilfsarbeiter dazu abgestellt hatte. Der Skandal war perfekt. 2
Die Zahl der geborgenen Toten stieg in der Nacht zum 9. Dezember minütlich an, immer wieder wurden Leichen aus dem brennenden Festspielhaus getragen und auf eigens bereitgestellten Wägen in das Wiener Allgemeine Krankenhaus verbracht.
Die Identifizierung der Opfer fiel schwer. In vielen Fällen waren die Leichen dermaßen entstellt, dass eine Identifizierung durch Angehörige nicht mehr möglich war. Rund um das Krankenhaus mussten Sicherheitssperren errichtet werden, an den Eingängen wurde jeder Zutritt kontrolliert. Immer wieder versuchten Menschen auch ohne gültige Zugangsberechtigungen in die Leichenhallen zu gelangen, um Angehörige oder Freunde zu suchen. Die Situation blieb unübersichtlich, noch Wochen später waren die Schicksale einzelner Vermisster nicht vollständig geklärt. Von manchen Theaterbesuchern, die in den Flammen umgekommen waren, wurden zudem nur Körperteile oder persönliche Gegenstände wie Taschenuhren oder Schmuckstücke geborgen, manche Personen bleiben bis heute verschwunden. Auch die Identifikation anhand von Zahnprothesen und der Zahnstellung wurde erstmals herangezogen.3
Letztlich ist es den beschränkten Mitteln der Zeit zuzuschreiben, dass die genaue Anzahl der Opfer unbekannt bleibt. Neben Besuchern fanden auch Angestellte des Hauses den Tod. Als gesichert gelten heute 384 Tote, denen ein ehrenvolles Begräbnis am Wiener Zentralfriedhof zugedacht wurde. Auch wenn diese Grabstelle durch die Barbarei des 2. Weltkriegs beschädigt wurde, ist sie heute noch zu besichtigen.
An die Stelle des völlig ausgebrannten Ringtheaters wurde später das sogenannte „Sühnhaus“ errichtet, welches ebenfalls im 2. Weltkrieg schwer beschädigt und später abgetragen wurde.
Der Direktor des Ringtheaters, Franz von Jauner, wurde einige Monate später in einem aufsehenerregenden Prozess zu einer moderaten Freiheitsstrafe verurteilt, ebenso einige weitere Angeklagte.4