Schon wenige Stunden nach dem Mord an Kaiserin Elisabeth von Österreich durch den italienischen Anarchisten Luigi Lucheni wurde mit den Vorbereitungen zur Aufbahrung und dem eigentlichen Begräbnis sowohl in der Schweiz als auch in Wien begonnen. Bereits am 12. September, also kaum zwei Tage nach dem Anschlag, organsierte man in Genf ein erstes Defilee, welches an dem Grand Hotel Beau Rivage vorbeiführte und großen Zulauf verzeichnete. Wohlwollend registrierte die österreichische Presse die unzähligen Schweizer Bürger, wie sie den Hut vor dem prachtvollen Grand Hotel im Gedenken an die hohe Verstorbene lüfteten, erwähnte aber auch, dass die Bürger der traditionell republikanischen Schweiz ihren Trauerzug anders gestalteten als das kaisertreue Österreich.1
Möchte man zeitgenössischen Darstellungen Glauben schenken, so entwickelte sich das eigentliche Begräbnis Elisabeths von Österreich in Wien zu einem Großereignis. Bereits in den Morgenstunden sammelten sich Schaulustige in den Straßen Wiens, Reporter unterschiedlichster Tageszeitungen bezogen Position, die Medien des späten 19. Jahrhunderts hatten es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst lückenlos über den Trauerkondukt in all seinen Einzelheiten berichten zu können. 2
Aufgrund der großen Menschenmenge kam es – erwartungsgemäß - zu Zwischenfällen gesundheitlicher Natur, die Wiener Rettungsgesellschaft hatte eine Vielzahl von Einsätzen zu absolvieren, und so manch geschwächten Schaulustigen ins Krankenhaus zu transportieren. Auch Diebstähle, einige Raufhändel und weitere illegale Aktivitäten wurden von den Behörden registriert, findige Geschäftsleute versorgten die über Stunden hinweg wartende Menge zudem ohne Konzession mit Proviant.
Schon Tage zuvor klagten die Wiener Floristen, dass es keine Blumen mehr gäbe um Kränze und Grabschmuck herstellen zu können, man musste aufgrund des überaus großen Andrangs Material aus den umliegenden Gemeinden und Städten zuführen. Allein für die Hofburgkapelle, in welcher die sterblichen Überreste der Kaiserin aufgebahrt worden waren, sprach man von über tausend Blumenspenden. 3
Tatsächlich war der Kondukt, wie er sich am 17. September um 15.45 Uhr in Bewegung setzte, bereits der zweite dieser Art. Schon am 15. September hatte sich Wien in schwarz gehüllt, Balkone, Balustraden, Zäune und Laternen waren schwarz drapiert worden, auch am Weg vom Westbahnhof, wo der Hoftrauerzug um 22. Uhr aus der Schweiz angekommen war, hatten sich tausende Menschen versammelt. Die erste Einsegnung fand noch im Zug durch den Burgpfarrer die Wiener Hofburg statt, danach setzte sich der Trauerkondukt langsam über die Mariahilfer Straße in Richtung Hofburg in Bewegung. Die festliche, überaus stimmungsvolle Atmosphäre mag noch durch den Umstand unterstrichen worden sein, dass man von den großen Straßenlaternen die Deckel abschraubte und den Gasfluss erhöhte, wodurch der Eindruck von gewaltigen Fackeln entstand. 4
Ihre letzte Ruhestätte fand Kaiserin Elisabeth schließlich in der Kapuziner Gruft, wo ihr Sarg noch heute zu sehen ist. Das berühmte „Anklopfritual“ lässt sich für ihr Begräbnis allerdings nicht nachweisen.